
1775/76. Öl auf Leinwand. 46,5 * 38,5 cm. Stiftung Weimarer Klassik, Museen
Der aus Frankfurt gebürtige Maler hatte Goethe zusammen mit
Lavater 1774 kennengelernt. Bald darauf begann er für den Weimarer
Hof zu arbeiten und wurde dort 1776 Direktor der herzoglich freien
Zeichen-schule, die er — von Goethe gefordert und geschätzt — bis zu seinem Tode 1806 leitete. Die hier gezeigte
Ölskizze geht neben in Weimar verwahrten Kreideskizzen dem
Gemälde voraus, das Kraus 1775/76 für Anna Amalia anfertigte
(Weimar, Goethe-Museum) Es ist der ungezwungene Goethe der Geniezeit,
angetan mit englischem Rock, dem grauen Biberfrack
(an Auguste
Stolberg, 13. 2 1775). Kraus schreibt am 5.3.1775 an Bertuch: Er
[Goethe] ist ganz sein, richtet sich nach keiner Menschen Gebrauche,
wenn und wo alle Menschen in feierlichsten Kleidungen sich sehen
lassen, sieht man ihn im größten Negligé und ebenso
im Gegenteil
Die strenge Profildarstellung und Betonung des Auges
geht wohl auf den damals noch großen Einfluß Lavaters
zurück, der die Profilzeichnung für das Studium der
Physiognomie favorisierte. Daß Goethe auf dem ausgeführten
Gemälde auf dem Blatt in der Hand einen Schattenriß
betrachtet (einer Unbekannten), mag in diesem Sinne zu verstehen sein.
1778 ließ die Herzogin für Goethes Eltern von Johann
Ehrenfried Schumann eine Kopie des Bildes herstellen und im Gedenken an
ihren Besuch im Juni 1778 nach Frankfurt schicken (Frankfurt a M.,
Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum). Goethes Mutter
bedankte sich brieflich: Frau Aja that einen großen schrei als
sie ihren Hätschelhanß erblickte. Wir finden viele
Gleichheit drinnen und haben eine große Herrlichkeit damit (...)
zumal da er im Frack gemahlt ist worin ich ihn immer am liebsten so um
mich herum hatte, und es auch seine gewöhnliche Tracht war...
(30.11.1778). G.K.
Aus: Goethe und die Kunst, S. 162
<http://www.isc.meiji.ac.jp/~mmandel/recherche/goethe_kraus_oel.html>
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